Sommerabende mit Musik zum Träumen
Wenn das Mokka mitten in Thun Bands aus der weiten Welt auf die grosse Bühne bringt, ist das Sommergefühl vollkommen.
Der beeindruckende Laster mit dem riesigen Ausleger ist wieder auf den Mühleplatz gekurvt, mitten in Thun, das Riesenrad wurde aufgebaut und dreht seit letzter Woche aufs Neue, nah am inneren Aarefluss – Sommergefühl total, in Thun, direkt an der Riviera, so wie man sich das vorstellt: Man könnte sich auch irgendwo in Süditalien wähnen, direkt am Meer.
Das Mokka gibt diesen Sommergefühlen Ende Juli auch dieses Jahr wieder den musikalischen Rahmen, hier mitten in der Stadt. Seit mehr als zwanzig Jahren veranstaltet der umtriebige Club sein legendäres Sommerfestival, das zu einem Happening geworden ist, welches alle vereint und zusammenbringt: die auftretenden Künstlerinnen und Künstler zusammen mit den Besucherinnen und Besuchern. Es gibt nicht wenige Thunerinnen und Thuner, die ihre Sommerferien jeweils auf die zwölf magischen Nächte legen, die hier unter freiem Himmel über die Bühne gehen. Sich treffen, zusammen schwelgen, träumen und das Leben feiern wird dann genau so zelebriert wie das Geniessen der superben Bands, die einen in den Sonnenuntergang wegschweifen lassen – ein Gefühl von Zusammensein, hier mitten in der kleinen Stadt.
Visionär Bädu Anliker
Die Geschichte hat 2003 angefangen, als Mokka-Chef Bädu Anliker eine Bühne an die Mühlebrücke in den Fluss hängen liess. Die Bands und ihr Instrumentarium wurden jeweils auf abenteuerliche Weise mit dem Boot durch die Wellen geschippert, und das Publikum hat die Konzerte von den lauschigen Treppen am Ufer verfolgt. Das Festival wurde danach für zwei Jahre in das ausgeweidete Baumann-Gebäude am Ende des Platzes verlegt und bekam dabei auch seinen Namen, abgeleitet von «ImFluss», wie es vorher hiess, und auch, weil es irgendwie am Schluss des Sommers stattfand. 2007 kam Bädu dann auf die Idee, die Bühne quasi ins Fundament des Riesenrads hineinzubauen – und seither finden die Konzerte hier vor dieser spektakulären Kulisse statt. Die Bands schauen beim Spielen direkt in die tiefrote, untergehende Sonne, während sich das Publikum zwischen Aare und Altstadt in einem fröhlichen Gewusel tummelt. Legendär die ikonischen Bar-Wagen, an denen man sich die Getränke holt – es liegt ein romantisches und auch elektrisierendes Gefühl in der Luft, zirkushaft unbeschwert.
Einstimmung aufs Finale
Die Mokka-Crew hat sich in den letzten Wochen im angestammten Mokka-Garten mit intimen Konzerten wie etwa mit Bandit Voyage oder auch mit grösseren Kisten wie Black Sea Dahu mit einem ausgesprochen aufmerksamen und euphorischen Publikum auf den Sommer eingestimmt. Jetzt ist das halbe Haus vollgestellt mit Kisten mit Bar-Utensilien und technischem Material, die Crew kann’s nicht erwarten, mit einer Karawane auf den Mühleplatz zu dislozieren.
Auch dieses Jahr hat das Mokka-Booking einen grossartigen Mix mit neu zu entdeckenden, gerade sehr angesagten und auch bestandenen Acts zusammengestellt – man kann problemlos wieder die ganze Festivalzeit auf dem Mühleplatz verbringen und jeden Abend aufs Neue überrascht und abgeholt werden. Die Stilrichtungen sind ausgesprochen divers, mit Musikerinnen und Musikern, die die neusten Strömungen repräsentieren und sich mit ihrem Schaffen auch politisch und sozialkritisch engagieren. Das Festival AM SCHLUSS startet fulminant am Mittwoch, 24. Juli, mit einer Sängerin, die traditionelle anatolische Musik mit psychedelischem Rock verbindet: Gaye Su Akyol, eine Ikone der alternativen Istanbuler Musikszene. Es folgen Abende mit Tuareg-Blues der bekannten Tamikrest, oder dem Indie-Rock der wundervollen Kettcar. Sona Jobartehs Musik wiederum entspringt der westafrikanischen Griot-Tradition, sie ist ein Weltstar, und sie auf dem Mühleplatz spielen zu sehen, wird ohne Zweifel einen grossartigen Abend bescheren.
Von etwas näher kommen Steiner & Madlaina, die den Mühleplatz am 1. August mit ihren zauberhaften Popsongs funkeln lassen werden, oder dann Leila: Eindringlich und unverwechselbar singt sie über die Hoffnung der jungen Generation in der heutigen Zeit, beschreibt den Struggle in unseren gesellschaftlichen Normen – und das zu einer extrem tanzbaren Musik. Gleiches lässt sich über La Nefera sagen; sie hat mit ihrer Band einen sehr eigenen Sound entwickelt, von Cumbia über Reggaeton und Baile Funk bis hin zu Hip-Hop, ein Feuerwerk.
Wie bereits in den letzten zwei Jahren geht im Mokka an der Allmendstrasse am Wochenende und auch am 31. Juli nach den Mühleplatzkonzerten jeweils eine Late Show über die Bühne – Walter Astral etwa spielen ihren psychedelischen Pop, verschmolzen mit Acid-Techno. Es lohnt sich also, nach den Konzerten am Mühleplatz den Schwung an die Allmendstrasse mitzunehmen und weiter zu tanzen, zu schwelgen.
Henry Love für den Anzeiger der Region Bern Nr. 27 am Mittwoch, 17. Juli 2024